Corona hat das Mobilitätsverhalten der Bürger*innen in Baden-Württemberg verändert. Das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt hat eine Befragung zu der Fragestellung „Wie verändert Corona unsere Mobilität?“ durchgeführt. Das Ergebnis: Der Individualverkehr, das heißt die Fahrt mit dem eigenen Fahrrad oder dem eigenen Auto wird einer Bus- bzw. Bahnfahrt sowie dem Leihen eines Carsharing-Fahrzeuges vorgezogen – auch auf längeren Strecken. Einkäufe werden vermehrt über das Internet getätigt, der Weg zur Arbeit wird durch Homeoffice ersetzt und Bus und Bahn werden weitestgehend gemieden, um die Gefahr einer Ansteckung zu vermeiden. Auch die Auswertung digitaler Verkehrsdaten bestätigt: Wenn man die Verkehrsdaten vom letztem Jahr mit den erhobenen dieses Jahres vergleicht, erkennt man deutlich, dass sich viele Menschen in ihrer Mobilität umorientieren und zwar in eine Richtung, die uns unter Klimagesichtspunkten Sorge bereiten muss.
Durch das geänderte Mobilitätsverhalten sind die Einnahmen der Verkehrsbetriebe massiv eingebrochen, auch wenn diese ihr Angebot weitestgehend aufrechterhalten. Hier braucht es Unterstützung durch das Land. Ein erster Schritt, um die Verkehrsunternehmen nicht im Regen stehen zu lassen, war die Ankündigung des Landes, den Eltern die Raten für die Schülermonatstickets (bei uns im VRN das MAXX Ticket) für die Monate April und Mai zu erlassen. Dafür werden 37 Mio. Euro aufgewendet.
Am vergangenen Montag haben die Verkehrsminister der Länder einstimmig vom Bund die Einrichtung eines „ÖPNV-Rettungsschirms“ in Höhe von mindestens fünf Milliarden Euro gefordert, um die durch die Corona hervorgerufenen Fahrgeldausfälle der Verkehrsunternehmen zu ersetzen. In Baden-Württemberg haben wir schon gehandelt. Gestern Abend haben wir uns mit dem Koalitionspartner darauf geeinigt, im zweiten Soforthilfepaket des Landes Baden-Württemberg für den ÖPNV 200 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Genauso wichtig wie kurzfristige Rettungsmaßnahmen sind langfristige Investitionen in den ÖPNV, um die Verkehrswende mit den Bereichen Verkehrsvermeidung, Umstieg auf Bus, Bahn, Rad und Fuß und den Ausstieg aus der fossilen Verbrennertechnik auch jetzt voranbringen. Für die Einhaltung der Klimaschutzziele von Paris, müssen wir bis zum Jahr 2030 eine Verdoppelung des ÖPNV erzielen.
Insofern sehe ich die Initiative der Ministerpräsidenten der „Autoländer“, eine Kaufprämie für Autos zu fordern, mit großer Skepsis. Wir müssen wirtschaftliche Förderungen an ökologische Bedingungen knüpfen. Es gilt neue, innovative, umweltfreundliche Mobilitätskonzepte und Antriebstechniken zu fördern – hier müssen wir finanzielle Kauf- und Nutzungsanreize setzen. Das kann eine Prämie für Elektroautos sein, aber auch eine Prämie für Carsharing-Nutzung, ein e-Rad, eine Bahncard oder eine Monatskarte für den ÖPNV.