Amira, geb. Charlotte Siesel, war für Mannheim eine wichtige Zeitzeugin, die eindrücklich und kraftvoll von ihren Erfahrungen der Deportation berichtete. Ich bin dankbar, dass ich ihr 1992 auf der „ersten“ Reise des Stadtjugendrings Mannheim „Auf den Spuren Mannheimer Juden“ und bei Besuchen in Mannheim begegnen durfte. Und es war mir eine Ehre, ihr bei der Erinnerungsveranstaltung Ende Mai Sonntag gemeinsam mit Dr. Susanne Aschhoff zu gedenken.
Elf Jahre war Charlotte Siesel alt, als sie mit ihren Eltern im Oktober 1940 von der Mannheimer Neckarstadt in das Lager Gurs in Südfrankreich deportiert wurde. Den Fußweg zum Bahnhof im Stadtteil beschrieb Amira später in Interviews: „Wir gingen durch Mannheim und da standen die Leute, die da auf dem Weg waren. Einige haben sich umgewendet. Sie wollten den Blick nicht auf uns richten. Andere haben applaudiert. Sie haben sich gefreut, daß man endlich die Juden wegschickt. Andere haben sich geschämt…“ (Stadtjugendamt Mannheim, 1995, S.85). Amira berichtete von den Zuständen in den verschiedenen Lagern, in denen sie war, von der Zwangsarbeit, zu der ihre Eltern gezwungen wurden. Am 15. September 1942 wurde die Familie vom Lager Rivesaltes in einen Zug gebracht. Dort hieß es, dass das Rote Kreuz Kinder aufnähme, wenn die Eltern dies zuließen. Charlottes Vater schickte sie zum Roten Kreuz. Charlotte sah ihre Eltern nie wieder. Ihre Eltern wurden in Auschwitz ermordet.
Seit den 80er Jahren berichtete Amira von ihren schrecklichen Erfahrungen. Am 26.12.2022 ist sie im Alter von 91 Jahren in Israel gestorben.